"Die prachtvolle Hauptstadt Rhätiens", wie schon Tacitus das zweitausendjährige Augsburg nennt, hat zu allen Zeiten seine Besucher zu Lobeshymnen veranlaßt, ob sie nun als Begleiter Kaiser Maximilians in die alte Reichsstadt einritten oder sie (wie den französischen Edelmann Montaigne) der Ruf ihrer Schönheit herbeiführte oder wie Luther und Mozart die Pflicht oder die Aussicht auf gute Geschäfte und Anerkennung. In dem hier vorliegenden Lesebuch aber ging es uns um mehr, als einfach eine bestimmte Anzahl lobender Äußerungen über Augsburg zusammenzutragen - wir wollten zugleich ein Bild von der alten Metropole entstehen lassen, ihrer geschichtlichen Bedeutung, ihrer Stellung als Stadt wichtiger Reichstage, als weltweites Handelszentrum und Mittelpunkt der Künste und des Gewerbefleißes, aber auch als Stadt der Reformation und frühes Zentrum der modernen Industrie. Daher haben wir die hier zusammengestellten weit über hundert literarischen Zeugnisse (Auszüge aus Briefen, Erinnerungen, Chroniken und Erzählungen, Schilderungen wichtiger Ereignisse, Gedichte von Bechstein, Görres, Lingg, Pichler und von Augsburgs großem, wenn auch lange ungeliebten Sohn Bert Brecht, Berichten vom Wirken der Zünfte und Patrizier, Beschreibungen bedeutender Bauten und Darstellungen der industriellen Entwicklung) in eine Reihe von Kapiteln gegliedert. So folgt einer allgemeinen Zusammenstellung von Eindrücken, die Reisende wie Merian, Montaigne, Weber, Nicolai, der Schweizer Taponier oder auch nach dem Zweiten Weltkrieg Erhart Kästner notierten, ein Überblick über Geschicke und große Ereignisse der Stadt in Augenzeugenberichten, historischen Szenen, Gedichten und kurzen Zusammenfassungen. Ein Gang durch die Stadt mit ihren berühmten Bauten Dom und Rathaus, den bedeutenden Kirchen und prachtvollen Palais, den Brunnen und der Fuggerei schließt sich an, und im nächsten Abschnitt begegnen uns die Fugger, die Kaiser und Päpste finanzierten, und die Welser, die einmal halb Südamerika besaßen, aber auch die Zunftmeister und weithin berühmten Handwerker. Weiteren glanzvollen Namen, die sich mit der alten Reichsstadt verknüpfen, ist das dann folgende Kapitel gewidmet: Bischof Ulrich und Agnes Bernauer, Kaiser Maximilian und Johannes Reuchlin, Konrad Peutinger und Christoph von Schmid, Elias Holl, Holbein und Burkmair, der Familie Mozart und Bert Brecht. Mit der besonderen Rolle Augsburgs als Stadt der Reformation (in der Luther vor Kardinal Cajetan mannhaft seine Überzeugung vertrat und die Protestanten mit ihrer "Augsburgischen Konfession" Anerkennung errangen) und Stadt der Parität, in der Altgläubige und Anhänger der neuen Lehre nach komplizierten Regeln der Ausgewogenheit Eigenständigkeit, Besitzstand und Würde der alten Reichsstadt zu wahren suchten, beschäftigt sich ein weiteres Kapitel, und im letzten schließlich kommt Augsburg auch als Bankplatz und frühes Druckzentrum, als Stadt des Gewerbes und der Industrie nicht zu kurz, von Ungewitter 1848 bezeichnet als "eine der vornehmsten deutschen Handelsstädte", 1850 von Pleickard Stumpf als "Hauptsitz des bayerischen Handels und der Wechselgeschäfte", 1863 von Alois Schels als "das nimmer ruhende Herz unserer schwäbischen Industrie" - mit Passagen über die bedeutende Kattunfabrikation, über Diesel und die MAN, über die Rumpler-Flugzeugwerke usw.