Reinhard Delau, Lothar Sprenger, Schmidts Erben
Die Deutschen Werkstätten Hellerau
132 Seiten mit 53 Abbildungen, gebunden
Euro 25,–
ISBN 978-3-86530-011-9
Verlag der Kunst Dresden
"In jenen Wochen des Herbstes 1989, den Enthusiasten als friedliche
Revolution bezeichnen, ahnten die Hellerauer Tischler und Monteure
nicht, was auf sie zukommen sollte. Niemand wußte, daß die Monate des
Staates gezählt waren. Die Arbeiter und Meister gingen ins Werk, wie sie
es seit Jahrzehnten gewohnt waren, in aller Frühe und pünktlich.
Pünktlichkeit war eine der Tugenden, auf die sie Wert legten, und
Zuverlässigkeit. Sie stellten die Maschinen in der großen Halle an,
schützten ihre Ohren vor dem Dröhnen und Kreischen der Sägen und Fräsen
und wandten sich ihrer Arbeit zu. Ein Nicken, eine Armbewegung, der
Ablauf war seit langem erprobt. Sie verstanden sich ohne viel Worte. Die
Bücher waren mit Aufträgen gefüllt. Die Montagemöbel waren nicht nur in
dem kleinen Land zwischen Neiße und Werra gefragt.
Möbel aus den traditionsreichen Deutschen Werkstätten, die der
Tischlergeselle Karl Schmidt gegründet hatte, galten als Gütezeichen.
Auf Hellerauer Schrankwände, auf Kinder- und Schlafzimmer mußte man
warten wie auf ein Auto oder eine Kühlbox, zwar nicht so lange, aber
einige Monate schon. Daß sich das ändern könnte, kam den Tischlern nicht
in den Sinn. Inzwischen trafen sich in Leipzig Zehntausende zur
Montagsdemonstration und übten Mündigkeit. In Dresden zogen die Menschen
über die Augustusbrücke in die rechtselbische Neustadt und kehrten über
die Brücke der Einheit wieder in die Altstadt zurück. Auch Hellerauer
Tischler und Monteure waren darunter."