Cornelia Hofmann, Birgit Tradler, Das Federzimmer Augusts des Starken
Mit einem Beitrag von Elisabeth Schwarm-Tornisch
Hrsg. vom Stadtmuseum Dresden
168 Seiten mit 120 meist farbige Abbildungen, gebunden
Euro 28,–
ISBN 978-3-86530-026-3
Verlag der Kunst Dresden
Jedes Museumsobjekt hat seine eigene Geschichte. Dabei ist es vollkommen
gleichgültig, ob es sich um einen zerschlagenen Wasserkrug aus dem
Mittelalter, einen vergoldeten barocken Thronsessel oder einen
Designerlöffel aus dem 21. Jahrhundert handelt. In den meisten Fällen
sind die angedichteten Legenden spannender als die Wirklichkeit. So
erzählte man auch über zwei Jahrhunderte abenteuerliche Geschichten über
das Federzimmer, welches Kurfürst August der Starke von Sachsen einst
erworben hatte. Es war, abhängig vom jeweils herrschenden Zeitgeist,
Trophäe königlichen Mutes oder Symbol blutiger Ausbeutung.
August der Starke erwarb 1723 eine Schlafzimmerausstattung der
besonderen Art: ein Paradebett mit Baldachin, Vorhängen und Teppichen.
Diese passte ausgezeichnet zu seiner stetig wachsenden, wertvollen
Porzellansammlung und sollte gemeinsam mit ihr im Japanischen Palais zu
Dresden aufgestellt werden. Aus dem Erworbenen ließ sich Imposantes
kreieren: Auf Befehl des Königs wurden u. a. die Vorhänge des Baldachins
abgenommen und zu Wandteppichen umgearbeitet. Kleinere Einzelteile
komplettierten die Ausstattung, später kamen noch Stuhlbezüge hinzu. Auf
diese Weise entstand eine vollständige, damals hochmoderne
Zimmereinrichtung.
Der große Aufwand hatte sich gelohnt, denn derart präsentiert kam das
Bemerkenswerte, das Material der Neuerwerbung, zu voller Geltung. Nicht
kunstvolle Goldstickerei oder edles exotisches Seidengewebe war zu
sehen: Weit über zwei Millionen schillernder, fremdartig aussehender
Federn schmückten jeden Zentimeter der Einrichtung. Und sündhaft teuer,
wie es sich für einen Monarchen wie August den Starken gehörte, war
dieses Vergnügen auch. Wie an vielen Fürstenhöfen üblich, sollte das
Schlafgemach somit Teil einer kunstvollen Inszenierung von Macht,
Reichtum und erlesenem Geschmack sein.
Nach dem Tod des Königs 1733 war die Begeisterung für das Federzimmer
vorbei. Als nunmehr unmodisches und ungeliebtes Stiefkind wurde es über
die Jahre »mitgeschleppt«. 1830 fand das Federensemble im Schloss
Moritzburg bei Dresden eine neue Heimat. Nach ersten Versuchen 1968 das
Federzimmer zu erhalten, musste es 1972 aus konservatorischen Gründen
abgebaut werden. Das Schicksal des Zimmers schien besiegelt, eine
Restaurierung fraglich. Nach weiteren Untersuchungen ab 1975 begann 1987
die umfangreiche Rettung und Wiederherstellung der gesamten
Ausstattung, die 2003 mit der Wiederaufstellung des Ensembles in
Moritzburg abgeschlossen wurde. Besonders aufsehenerregend sind die
Erkenntnisse, die während der Restaurierung gewonnen wurden. Viele der
bisher unverständlichen Zusammenhänge konnten dabei geklärt werden.
Seit mehr als 200 Jahren ist die Herkunft dieses ungewöhnlichen
Schlafzimmers aus Federn, das von Bewunderern sogar mit dem
»Bernsteinzimmer« verglichen wurde, ungeklärt. Welchen Ursprungsort hat
es? War es ein Auftragswerk oder Beute eines Raubzuges? War es Kitsch,
Zeugnis von Sklavenarbeit oder eine geniale Erfindung? War bzw. ist es
wirklich einmalig oder könnte es mehrfach hergestellt worden sein?